Sonstiges

Liebe Frau Andrea,

als Kundigen der oberösterreichischen Spielart des mittelbairischen Dialekts ist mir der Zusammenhang zwischen Tschoch (anstrengende Tätigkeit) und tschechern (sich betrinken) aus Erzählungen bekannt. Ich kann auch nachvollziehen, warum mein Vater „mir haum richtig tschechat“ sagte, wenn er von einer schweren und anstrengenden Arbeit sprach. Aber woher kommen diese Begriffe? Und dann soll es auch noch „Tschecherl“ und „Tschocherl“ geben. Können Sie dieses Durcheinander für mich entwirren?

Lieber Josef,

Am Beginn unserer Entwirrung steht die Erkenntnis, dass die von Ihnen erfragten Wörter und Phrasen weder oberösterreichischen noch mittelbairischen, ja nicht einmal indoeuropäischen Ursprungs sind.

Wie so vieles im Wienerischen sind Dschoch und Dschecherl rotwelsch-westjiddischen und damit hebräischen Ursprungs. In Wien bezeichnet „dschechan“ den (meist übermäßigen) Konsum alkoholischer Getränke, meist von Wein und Schnaps.

Die Protagonisten des Abusus sind die Dschecharantn, ihre Wirkungsstätte das Dschecherl oder Dschocherl (auch Branntweiner oder Brandineser genannt).

Komplizierterweise heißt die anstrengende Arbeit sehr ähnlich, nämlich Dschoch. Und damit ist nicht das Trinken gemeint. Beide Wortfamilien haben bei uns ein Anlautendes „d“ bekommen, aus „sch“ wurde „dsch“.

Rotwelsch „schecher“ bezeichnet das berauschende Getränk, jiddisch „schochar“, das Trinken, das Sichberauschen, „Schecherer“ den Wirt. Rotwelsch „Schöchere“ ist das Gasthaus. In Berlin hat „schochar“ andere Wege genommen und die Befindlichkeit „beschickert“(leicht betrunken) erzeugt.

Auch wenn das Wienerische dschechern und dschochern gerne gleichsetzt, kommt der „Dschoch“ aus anderer, westjiddisch-rotwelscher Quelle. Er ist verwandt mit unserem „schachern“ (wienerisch „dschachcharn“), Handel treiben, feilschen.

Im nachantiken Hebräisch bedeutete es „suchen, sich für etwas interessieren“. Wiener finden Interessantes im Dschecherl.